Warntag 2020 "Wir warnen Deutschland" - Nicht – Teil 1

Max Hohlfeld February 04, 2021 #Katastrophenschutz Berg

Der bundesweite Warntag im vergangenen Jahr war der erste seiner Art seit der Wiedervereinigung Deutschlands1. Am 10. September sollte das öffentliche Netz von Warnmitteln erprobt werden. Dazu zählen neben den altmodischen Medien wie Fernsehen und Radio auch noch Altbestände an Sirenen genauso wie neue Möglichkeiten über den digitalen Weg. Sei es die Webseite des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) oder die unzähligen Warnapps: NINA2, KATWARN3 und BIWAPP4.

Nur gab es ein Problem: nicht alle Menschen wurden zuverlässig und zeitgleich gewarnt5.

52 gleichzeitige Meldungen waren doch zuviel

Das BBK hatte mit den Leitstellen der Kreise und kreisfreien Städte ausgemacht, dass das Bundesamt allein einen Alarm an das Modulare Warnsystem (MoWaS) schickt. Manche Leitstellen haben sich jedoch nicht daran gehalten und zeitgleich einen eigenen Probealarm ausgelöst. Unter dieser immensen Last von 52 gleichzeitigen Meldungen ist das MoWaS, das für den Transport von Warnmeldungen an Warnmultiplikatoren und damit an die Bevölkerung verantwortlich ist, eingeknickt5. Im Ernstfall werden auch mehrere Meldungen an die Bevölkerung geschickt. Da hält sich keine lokale Behörde mehr an irgendwelche Vereinbarungen. Das System muss diese Last aushalten.

Also stellt sich die Frage, wo war der echte Fehler? Eine genaue Antwort bekommt man leider nicht. Betrachtet man jedoch den Aufbau des MoWaS, so lässt sich zumindest schätzen, wo der Flaschenhals sein könnte: MoWaS Schaubild Quelle: BBK

Auf der linken Seite sind die MoWaS-Stationen des Bundes, der Länder sowie weite Katastrophenschutzbehörden. Diese können Warnmeldungen ausgeben. Die Übertragung dieser findet auf zwei Weisen statt, um auch in verheerenden Katastrophen wie Krieg oder atomaren Unfällen Zuverlässigkeit zu bieten. Vorrangig wird der Weg über einen Satelliten realisiert. Diese schickt die Meldungen an den Zentralen-Warnserver sowie an Warnmultiplikatoren, die über eine Satellitenempfangsstation umfassen (Radio- und Fernsehsender). Neben Radio- und Fernsehsendern gibt es auch noch andere Wege, über die die Warnung an die Bevölkerung gebracht werden kann. Diese sind jedoch per Kabel an den Zentralen-Warnserver angeschlossen.

Der Single Point of Failure

Bei kritischen Anwendungen, wie das MoWaS, sollte drauf geachtet werden, möglichst wenige Bestandteile einzubauen, an welchen die gesamte Anwendung zu Grunde gehen kann. Solche Bestandteile werden auch Single Point of Failure6 genannt. Bei der Übertragung von den Stationen zum Zentralen-Warnserver des MoWaS wurde darauf geachtet, denn sie funktioniert über Satellit oder auch Kabel. Problematisch ist hier jedoch der Zentrale-Warnserver selbst. Wenn dieser nicht korrekt funktioniert, sei es wegen einer Überlastung oder eines Programmfehlers, dann ist eine Lücke in die Warnkette gerissen. Die Warnung wird dann nicht mehr an die Warnmultiplikatoren und damit an die Bevölkerung weitergeleitet.

Wo war der Fehler?

Nun lässt sich also eine Schätzung abgeben, woran es denn gelegen hat7. Beide Übertragungswege können unmöglich gleichzeitig ausgefallen sein. Demnach kann es nur das nächste Element in der Kette sein, der Zentrale-Warnserver. Vielleicht war der Server an sich zu unterdimensioniert angesetzt. Deshalb kam es vermutlich zum Stau und die Anfragen konnten erst mit gewisser Verzögerung verarbeitet werden. Ein anderer Grund kann ein Softwarefehler sein, weshalb der Server zum Stillstand kam, und erst ein Techniker die Fehler beseitigen konnte.

Beides traue ich den deutschen Behörden leider zu, an der wahren Ursache bin ich jedoch brennend interessiert. Der BBK hat zwar angekündigt, nach einer gewissen Zeit für Aufarbeitung, über weitere Details des Warntagvorfalls zu berichten8. Bis jetzt gab es keine neue Meldung diesbezüglich. Es wird also an der oberflächlichen Aussage festgehalten. Schade.

Was kann man besser machen?

Die Lösung für die von mir genannten Probleme ist recht simpel. Die Infrastruktur muss aufgerüstet werden, um nicht bei gewöhnlichen Mengen von Anfragen zusammenzubrechen. Softwarefehler können nur durch einen guten Entwicklungsprozess vermindert werden. Ganz auszuschließen sind diese, wie so oft im Leben, leider nicht. Ein zentraler Server ist, aus Sicht der Architektur eines solchen Systems, unumgehbar. Es muss also umso mehr Wert auf die Zuverlässigkeit dessen gelegt werden.

Der Warntag war aber dennoch auf eine andere Weise erfolgreich, denn er hat diese Fehler im System aufgezeigt. Nun werden diese hoffentlich behoben. Spätestens beim nächsten Warntag wird es sich zeigen.

Im zweiten Teil des Artikels geht es um ein alternatives Warnmittel - dem Cell Broadcasting.

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